, Krankenhaus

Klara früh in die Schule gebracht. Sie geht allein durch das Tor. Habe einen guten Tag, Klara. Wir müssen unbedingt mit ihrer Lehrerin über Josef sprechen. Morgen?

Wir fahren in die Klinik. Es dauert. Berufsverkehr. Innerlich aufgewühlt. Hellwach. Hell ist es, als wir ankommen. Gang runter. Rechts. Sachen in den Schrank schließen. Hände desinfizieren. Durchatmen. Milch in den Kühlschrank. Zu Josef. Wie geht es?

Unverändert. Gut im schlechten Zustand. Ihm wurde der Zugang an der rechten Hand gezogen. Nur noch der Zentralvenenkatheter. Josef ist nicht mehr nackt. Mit einem Body bekleidet. In seinen Schlafsack gekuschelt. Der Schlafsack von uns. Uns zu Hause.

Josef. Kuscheln. Darf ich mit ihm kuscheln? Ja. Auf meinem Schoß, mein Josef. Der Oberarzt kommt. Wollen wir reden? Über Josef? Das MRT? Möchte uns die Bilder zeigen. Josef wird in sein Bett gelegt.

In den Besprechungsraum gehen wir. Leise sprechen wir. Leise die lauten Dinge besprechen. Das MRT. Keine guten Bilder. Überall Schädigungen im Gehirn. Leider. Sehen Sie? Ich sehe nicht. Und im Hirnstamm? Blutungen? Nein. Wichtig sei das klinische Bild von Josef. Was er zeigt.

Ja, was zeigt er denn? Nichts. Leider. Josef hat eine HIE (hypoxisch-ischämische Enzephalopathie). Eine sehr schwere. Er zeigt keine Reflexe. Unvereinbar mit dem Leben. Nur noch am Leben, weil er intensiv versorgt wird. Der Josef. Kein Leben. Eigentlich. Atmen. Atmen. Atmen.

Das EEG sei auch stark auffällig. Leider. Herr Oberarzt: Ich kann nicht sagen, schalten Sie jetzt alles ab. Mein Josef. Dann lassen wir ihn sterben. Wir, seine Eltern. Entscheiden. Er soll jetzt sterben. Nein, sagt der Oberarzt, lassen Sie sich die Zeit. Wir lassen Ihnen die Zeit. Wollen Sie Josef taufen lassen? Nottaufen. Ja.

Zurück zu Josef. Darf Uli mit ihm kuscheln? Sein Papa. Ja. Ganz taub und sprachlos vor Schmerz. Die Seelsorgerin kommt. Setzt sich zu uns. Augenhöhe. Schmerzhöhe. Josef. Sie wird ihn taufen. Am dritten Advent.

Josef darf umziehen. In ein Einzelzimmer. Damit wir Raum nur für uns haben. Für die Zeit mit ihm. Alle sind sanft mit uns. Fragen, was wir brauchen. Ruhe. Gerade. Ruhe.

Nach Hause, zu Klara, lieber Josef. Wir müssen los. Ich rufe an, Josef. Zu Klara. Sprechen darüber. Dein Bruder wird sterben. Ein wenig Zeit haben wir noch mit ihm. Klara, es ist nicht deine und unsere Schuld.

Meine Hebamme ist da. Hört zu. Gibt uns einen Flyer. Eine Beratung für Eltern wie uns. Mit sterbenden Kindern. Morgen werde ich anrufen. Sie schaut sich meinen Bauch an. Alles entwickelt sich gut zurück. Auch die Narben sehen gut aus. Wohl ein Wunder bei dem Stress.

In der Klinik angerufen. Josef, unverändert. In einem anderen Zimmer nun. Bis morgen, lieber Josef.

Zuletzt aktualisiert am: 28.11.2019


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