, Kinderhospiz
Um 7.00 Uhr bin ich wach. Ich bin aufgeregt. Es ist Montag. Klara wird wach. Fragt, ob sie fernsehen darf. Ja, meine Sonne. Es sind ja Ferien. Uli wird vom Fernseher wach.
Ich stehe auf. Gehe ins Bad. Wasche mich. Dann Uli. Ich warte auf ihn. Wir gehen in den Gemeinschaftsraum. Holen uns einen Kaffee. Die Hauswirtschaftsfrau ist da. Wünscht uns einen zauberhaften guten Morgen. Wir ihr auch.
Wir gehen den Gang entlang. Dann rechts. Josef ist wach. Guten Morgen, mein Josef. Herzfrequenz 140. Sauerstoffsättigung 91. Ich schalte den Monitor aus. Uli bereitet die Inhalette vor. Er inhaliert Josef. Saugt ihn ab.
Ich bereite die Wanne vor. Ziehe Josef vorsichtig aus. Ganz vorsichtig. Er ist sehr angespannt, mein Josef. Ich küsse ihn. Nehme seine Arme und Beine zusammen. Lege sie auf seinen Bauch. Langsam beruhigt er sich. Uli trägt Josef ins Pflegebad. Lässt ihn in die Wanne gleiten. Seinen Sohn.
Josef ist immer noch sehr angespannt. Was ist, mein Josef? Uli nimmt ihn aus der Wanne. Ich trockne ihn vorsichtig ab. Öle Josef ein. Küsse flüchtig seinen Bauch und seine Brust.
Seine Atmung ist etwas schwer. Uli bereitet die Inhalation vor. Ich ziehe Josef an. Uli inhaliert ihn. Saugt ihn ab. Ich lege Josef auf meine Knie. Helfe ihm mit meinen Händen beim Atmen. Ich drücke vorsichtig seinen Brustkorb beim Ausatmen zusammen. Langsam wird es etwas besser.
Wir gehen in den Gemeinschaftsraum. Zum Frühstück. Die Gäste werden gebracht. Ein Gast wird heute im Stehständer gebracht. Herrschaftlich sieht es aus. Als würde er eine Rede halten wollen. Die Pfleger und Schwestern kommen. Eltern. Die Therapeuten. Mit Josef verabredet sich die Physiotherapeutin für nach dem Frühstück.
Klara kommt. Die Geschwisterkinder. Ich nehme Josef vorsichtig in den Arm. Gebe ihm seinen Morgenbrei. Tee. Medikamente. Mit der Physiotherapeutin ziehen wir uns in Josefs Zimmer zurück. Sie dreht und wendet ihn. Drückt. Streckt. Streicht. Josef schläft ein. Sie legt ihn in sein Bett. Herzfrequenz 125. Sauerstoffsättigung 100. Einatmen und Ausatmen.
Uli ruft bei dem Makler an. Sagt, wir wollen die Wohnung nicht. Mit der Staffelmiete. Das geht nicht. Das können wir uns nicht leisten. Der Makler sagt, Staffelmiete ist normal. Er sagt, er ärgert sich. Hat doch die Wohnung extra für uns. Uli sagt, danke, aber nein. Er legt auf. Das ist richtig, sage ich. Wir hätten uns nicht wohl gefühlt. Einatmen und Ausatmen.
Der Sozialarbeiter kommt. Bringt ein Schreiben. Für meinen Arbeitgeber. Wir sagen der Schwester Bescheid. Wollen Josef bei ihr lassen. Klara spielt mit den Geschwisterkindern im Garten Fußball.
Uli und ich gehen los. Erledigungen. Ich schicke das Schreiben an meinen Arbeitgeber. Mit der Bitte um eine Versetzung in Wohnortnähe. Dann kaufen wir ein. Windeln. Feuchttücher. Eine Mütze für Josef. Eine Mütze für Klara. Sie braucht Wintersachen. Klara. Für Josef haben wir noch. Von Freunden haben wir noch genug Wintersachen. Wer hätte das gedacht, dass wir vielleicht noch einen Winter haben?
Nun ist Herbst. Erst einmal Herbst. Sei nicht so gierig, Anne. Nicht so gierig. Nach mehr Zeit.
Im Kinderhospiz. Klara ist mit den Geschwisterkindern im Kreativraum. Sie basteln. Josef liegt in seinem Bett. Er schläft. Herzfrequenz 125. Sauerstoffsättigung 98. Die Schwester kommt. Sagt, er hatte einen Sättigungsabfall. Es wurde aber schnell besser. Okay, sage ich. Okay. Es wurde wieder besser.
Wir sitzen bei Josef. Dann wird er wach. Uli inhaliert. Saugt ab. Ich nehme ihn. Halte ihn. Meinen Josef. Küsse ihn. Wie schön er doch ist. Mein Josef.
Den Nachmittag verbringen wir im Gemeinschaftsraum. Gäste kommen. Schwestern und Pfleger. Auch der kleinste Gast ist da. Sie kann schlucken. Husten. Blinzeln. Alle ihre Reflexe sind da. Wie gut für sie. Wie gut. Nun braucht sie nur noch Eltern. Der kleinste Gast.
Zum Abendbrot kommen die anderen Gäste. Pfleger und Schwestern. Klara und die Geschwisterkinder kommen. Ich gebe Josef vorsichtig seinen Abendbrei. Medikamente. Tee.
Nach dem Abendessen inhaliert Uli Josef. Saugt ihn ab. Ich ziehe Josef um. Uli legt sich Josef auf seine Brust. Sie atmen zusammen. Einatmen und Ausatmen. Josef schläft ein. Uli legt ihn in sein Bett. Herzfrequenz 112. Sauerstoffsättigung 99. Wir sagen der Schwester Bescheid. Gehen zu Klara. Sie ist mit den Kindern im Jugendzimmer. Wir sind eine Weile bei ihnen.
Dann gehen wir ins Elternzimmer. Uli liest Klara vor. Sie schläft ein. Wir schauen fern. Irgendwann schlafen auch wir.
Zuletzt aktualisiert am: 29.09.2020