, Zu Hause 1
Der Wecker klingelt. 6.00 Uhr. Ich pumpe Milch ab. Klara und Uli schlafen noch. Gehe ins Bad. Wasche mich. Gehe in die Küche. Stelle die leeren Milchflaschen in den Geschirrspüler und die vollen in den Kühlschrank. Setze Wasser für den Tee und Kaffee auf. Dann gehe ich ins Wohnzimmer.
Josef ist gerade wach geworden. Die Schwester inhaliert ihn gerade. Ich frage nach der Nacht. Er hatte viel Sekret. Sonst war es ruhig. Seine Vitalwerte sind im Normbereich. Gut, sage ich.
Ich bringe den Tee und Kaffee ins Schlafzimmer. Klara und Uli sind wach. Der Fernseher läuft. Ich frage, ob ich Josef bringen darf. Klara schaut mich genervt an: Dann ist es doch wieder so laut. Gut, sage ich. Dann bleiben wir im Wohnzimmer.
Ich nehme Josef und verabschiede die Schwester. Wir sind allein. Guten Morgen, mein Josef. Ich lege mir Josef mit seinem Bauch über meine Knie. Damit das Sekret ablaufen kann. Uli kommt zu uns und bringt den Kaffee mit. So sitzen wir. Meine Hand auf dem Rücken von Josef. Dann helfe ich Josef beim Atmen. Ich unterstütze ihn mit meinen Händen beim Atmen. Mein Josef, wir atmen zusammen. Wir beide.
Uli und ich sprechen. Über die Woche. Den Wechsel des Pflegedienstes. Über unsere Vision von dem Leben mit Klara und Josef. Wir wollen gern, dass der neue Pflegedienst unsere Vision von einem guten Leben mit Josef und Klara mitträgt. Uli, es ist gut, wenn wir die Pflegekräfte selbst mit aussuchen können. Das ist gut. Wir haben doch nichts zu verlieren, wenn wir wechseln. Oder doch? Nein, haben wir nicht.
Gegen neun frühstücken wir in der Küche. Heute kann ich mir Josef seitlich auf die Knie legen und ihm seine Milch geben. So kann das Sekret ablaufen und gleichzeitig kann ich ihm seine Milch vorsichtig in den Magen laufen lassen. Nach dem Frühstück inhaliert Uli Josef. Klara spielt in ihrem Zimmer. Ich räume die Küche auf. Es fühlt sich fast wie ein normales Familienleben an. Ist es aber nicht.
Um 12.00 Uhr klingelt es. Die Pflegedienstleitung. Heute hat sie Dienst bei uns. Wir sind sehr angespannt. Was dürfen wir ihr sagen? Wie wird sie sich verhalten? Josef und Klara kuscheln. Das heißt Klara sitzt auf dem Sofa und Josef liegt über ihrem Schoß. Das ist schön. Sehr bald ist Josef ihr zu schwer und ich nehme ihn wieder. Ich gebe ihm seine Mittagsmilch.
Wir sprechen mit der PDL. Sagen, dass es mit dem einen Pfleger nicht geht. Es geht nicht um mangelnde Fachlichkeit, sondern um das Zwischenmenschliche. Sie haben doch gesagt, wir dürfen Ihnen das sagen.
Ja, sagt sie. Aber wir haben nicht so viele Pflegekräfte, die den weiten Weg von Berlin in die angrenzende Kleinstadt auf sich nehmen würden. Uli antwortet, dafür waren aber schon ganz schön viele Pflegekräfte bei uns. Die PDL sagt, es würde sie jedes Mal ziemlich viel Überredungskunst kosten, die Pflegekräfte zu uns zu schicken.
Josef schläft ein. Zum Glück. Nun müssen wir leise sein, sage ich. Ich merke, wir kommen nicht weiter. Nicht weiter mit unserem Anliegen. Der Nachmittag fühlt sich ganz zäh an. Unwohl fühle ich mich.
Gegen 17.00 Uhr schicken wir die PDL los. Eine Stunde vor Dienstende. Es fühlt sich richtig an. Die Entscheidung, den Pflegedienst zu wechseln. Wir haben nichts zu verlieren.
Uli inhaliert Josef. Ich gebe ihm seine Abendmilch. Wir essen die Reste von Freitag. Gemeinsam schauen wir Kinderfernsehen. Uli bringt Klara ins unser Bett. Er liest ihr vor und macht ihr das Hörspiel an.
Ich liege auf dem Sofa. Josef auf mir. Er ist ganz entspannt. Zusammen atmen wir. Er liegt mit seinem Ohr genau auf meinem Herzen. Josef, mein Josef, spürst du mein Herz? Es soll dich beruhigen. Ein Moment des Glückes.
Um 21.00 Uhr klingelt es. Die Nachtschwester. Wir übergeben ihr Josef. Um 3.00 Uhr pumpe ich Milch ab. Bringe sie in die Küche und stelle sie in den Kühlschrank. Josef, mein Josef schläft. Ich dann auch.
Zuletzt aktualisiert am: 23.01.2020