, Zu Hause 1

Der Wecker klingelt um 6.00 Uhr. Ich stehe auf. Gehe ins Bad. Wasche mich. Aus dem Wohnzimmer höre ich die Inhalette. Alles nach Plan, denke ich. Alles nach Plan.

Ich gehe ins Wohnzimmer. Josef schläft. Die Schwester sitzt auf dem Sofa. Schreibt in der Akte. Die Inhalette ist eingeklemmt. Zwischen Kuscheltieren. Herzfrequenz 125. Sauerstoffsättigung 97.

Ich gehe in die Küche. Setze Wasser auf. Für Tee und Kaffee. Decke den Frühstückstisch. Klara kommt. Sie ist müde. Heute. Es ist ja auch Freitag. Sie setzt sich auf ihren Stuhl. Isst ihre Cornflakes. Uli kommt zu uns. Ich gehe ins Wohnzimmer.

Frage die Schwester nach der Nacht. Josef war gegen 3.00 Uhr wach. Das Sekret ist sehr zäh und fest. Temperatur 36,7. Keine Krämpfe. Die Vitalwerte waren in der Norm. Gut, sage ich. Gut. Die Schwester spült die Inhalette aus. Verabschiedet sich. Schlaf gut. Danke.

Ich setze mich zu Josef. Schaue auf den Monitor. Die Zahlen springen. Hin und her. Ich drehe den Monitor um. Klara geht los. Los in die Schule. Uli winkt ihr nach. Bis er sie nicht mehr sieht. Josef wird wach. Seine Atmung ist dann ganz angestrengt. Von einem Moment auf den anderen. Wie er das nur macht. Unser Josef.

Uli inhaliert Josef. Saugt ihn vorsichtig ab. Ich schalte den Monitor aus. Nehme ihn aus dem Bett. Küsse ihn. Guten Morgen, mein Bär. Ich ziehe ihn vorsichtig um. Küsse seinen Bauch. Gebe ihm seinen Morgenbrei. Tee und Medikamente.

Um 10.00 Uhr klingelt es. Das SAPV-Team. Josef wird abgehört. Untersucht. Ein Schmerzmedikament wird fest angesetzt. Josef ist unruhig. Angespannt. Ich halte ihn in meinem Arm.

Wir reden. Reden lange. Über Josef. Den Umzug. Unsere Hoffnung. Auf was? Hoffnung auf was? Ein besseres Leben. Mit Josef. Mit Klara. Kurze Wege. Bessere Versorgung. Wir fragen nach guten Therapeuten. Für Josef. Die Palliativschwester sagt, sie kümmert sich. Gibt uns Bescheid. In der nächsten Woche. Wir verabschieden uns. Wünschen uns ein ruhiges Wochenende.

Um 13.00 Uhr klingelt es. Die liebe Physiotherapeutin. Ich ziehe Josef vorsichtig aus. Überlasse ihn ihren Händen. Wie gut sie sich kennen. Die beiden. Wie wertvoll das ist. Wie wertvoll.

Josef schläft während der Atemtherapie ein. Während des Poposchuckelns. So nennen wir es. Wenn er auf dem Bauch liegt. Den Kopf zur Seite. Die Physiotherapeutin ihren Arm unter den Bauch von Josef schiebt. Ihn leicht anhebt und sanft nach links und rechts schuckelt. Josef liebt es. Schläft oft ein dabei.

Ich schiebe eine Handtuchrolle unter Josefs Bauch. Kuschele ihn ein. Lasse ihn schlafen. Ich umarme die Physiotherapeutin. Ohne geht es gerade nicht. Als wolle ich sie so überreden. Ach. Uli geht heute nicht los. Los zum Hort. Heute wird Klara von der Mutter ihrer Freundin mitgenommen. Sie schläft dort. Ein Mädchenabend.

Um 16.00 Uhr klingelt es. Die Schwester. Sie wird heute bleiben. Bis der Nachtdienst kommt. Damit wir ausgehen können. Uli und ich. Wir sind ihr sehr dankbar. Es ist nicht selbstverständlich.

Um 17.00 Uhr wird Josef wach. Herzfrequenz 147. Sauerstoffsättigung 94. Die Schwester inhaliert ihn. Saugt ihn vorsichtig ab. Ich nehme Josef. Halte ihn. Küsse ihn. Gebe ihm ein Schmerzmedikament. Josef beruhigt sich. Langsam.

Um 19.00 Uhr. Herzfrequenz 127. Sauerstoffsättigung 95. Josef schläft langsam ein. Schlaf, mein Josef. Schlaf. Mir ist nicht nach ausgehen. Wir entscheiden uns. Etwas essen zu gehen. In der Pizzeria in unserem Haus. Dann sind wir gleich wieder da. Wenn was ist.

Es fühlt sich merkwürdig an. In dem Lokal zu sitzen. Josef mit der Schwester über uns. Wir reden kaum. Uli und ich. Sind angespannt. Beide.

Um 22.00 Uhr sind wir in unserer Wohnung. Die Nachtschwester ist da. Josef schläft. Herzfrequenz 112. Sauerstoffsättigung 97. Ich bleibe bei Josef. Stehe eine lange Weile an seinem Bett. Meine Hand auf seinem Kopf. Küsse ihn. Bin still. Wünsche der Schwester eine ruhige Nacht.

Gehe ins Bett. Uli schläft schon. Ob Klara auch schon schläft? Irgendwann. Schlafe ich auch. Irgendwann.

Zuletzt aktualisiert am: 29.12.2020


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