, Krankenhaus

Heiligabend heute. Gestern Nacht habe ich unseren Kartoffelsalat gemacht. Es ist Heiligabend heute. Gemeinsam fahren wir in die Klinik. Es ist ruhig heute. Wir kommen gut durch. Klara hört ein Hörspiel im Auto. Bibi und Tina. Wir hören keine Weihnachtslieder. Bitte keine Weihnachtslieder.

Als wir ankommen ist der Himmel düster. Es nieselt etwas. Durch die Notaufnahme gehen wir die Treppe rauf. Den Gang entlang. Wir klingeln. Die Schleuse öffnet sich. Den Gang runter. Dann rechts. Wir schließen unsere Sachen in den Schrank. Desinfizieren unsere Hände.

Die Ärztin schaut Klara in den Mund. Alles gut. Sie darf zu Josef. Ich stelle die Milch in den Kühlschrank. Die Station ist ganz liebevoll geschmückt. Josef, mein Josef. Wie geht es ihm? Wie war die Nacht? Unverändert. Josef ist stabil.

So gern möchten wir mit Josef einmal rausgehen. Ob das möglich ist. Ich wünsche mir, dass er einmal richtige Luft auf seiner Haut spürt und in seine Lungen fließen lassen kann. Ein Mal. Bevor er dann stirbt. Kein Problem, meint die Ärztin. Ein Kinderwagen stehe bereit. Eine transportable Überwachung können wir mitnehmen. Wenn etwas sein sollte, kommen wir wieder. Es geht wirklich? Wirklich? Wirklich? Trauen wir es uns zu? Heute?

Erst zu Josef. Josef, heute ist Heiligabend. Es gibt von der Ärztin Geschenke für Josef und Klara. Gerührt bin ich. Sehr. Josef atmet rauschend. Ab und zu streckt er sich und öffnet seine Augen. Dann legen wir unsere Hände auf ihn. Reden ihm zu. Küssen ihn.

Josef kann nicht schreien, aber atmen. Sein Gesicht sieht immer gleich aus. Er hat keine Mimik. Eine beidseitige Gesichtslähmung hat er, sagt die Ärztin. Josef kann nicht zeigen, wie es ihm geht. Nur durch seine Atmung und Körperspannung. Das reicht uns, sage ich.

Am Nachmittag gehen wir zu dritt in ein Krippenspiel. Josef fehlt so sehr. Weihnachtslieder werden angestimmt. "Stille Nacht, heilige Nacht...". Mir laufen die Tränen. Kaum zu trösten bin ich.

Zurück in der Klinik bei Josef. Unverändert. Kuscheln mag Josef jetzt gerade nicht. Ruhig wird er, als wir ihn auf den Bauch legen. Er atmet laut. Das Rauschen. Ganz gleichmäßig. Wir essen Plätzchen. Trinken Tee und sind glücklich. Jetzt und Hier.

Am Abend fahren wir nach Hause. Schlaf gut Josef! Bis morgen, unser Bär!

Zu Hause gibt es Kartoffelsalat mit Würstchen. Josef können wir über das Internet sehen. Babywatch. So ein Geschenk. Wir haben Josef bei uns. Auf dem Rechnerbildschirm neben unserem Weihnachtstisch.

Zuletzt aktualisiert am: 24.12.2019


Jetzt Spenden! Das Spendenformular wird von betterplace.org bereit gestellt.

❤️ Mehr darüber, wie du uns unterstützen kannst.