, Zu Hause 2

Es klopft an unsere Tür. Ich bin hellwach. Stehe auf. Es ist 3.00 Uhr. Gehe zur Tür. Die Schwester. Sagt, die Herzfrequenz von Josef schwankt stark. Ich wecke Uli.

Wir gehen zu Josef. Er schläft. Der Monitor piept. Immer wieder. Die Herzfrequenz sinkt bis auf 40. Sauerstoffsättigung 98. Ich küsse Josef. Der Monitor piept. Ich schalte auf Pause. Der Grenzwert für die Herzfrequenz ist 70. Josefs Herzfrequenz liegt deutlich darunter. Einatmen und Ausatmen.

Die Schwester sagt, sie hat ihn umgelagert. Abgesaugt. Josef schläft tief und fest. Er hat keine Körperspannung. Seine Sauerstoffsättigung ist gut, sagt sie. Im September hatte Josef es schon einmal, sage ich. Die Palliativärztin sagte damals, es kann schon vorkommen. Bei Josef. Es gehört zu ihm. Aushalten, sagte sie damals. Wir können nicht viel machen. Gut, sagt die Schwester. Dann halten wir es aus. Einatmen und Ausatmen.

Wir bleiben noch bei Josef. Ich küsse ihn. Lagere ihn noch einmal um. Dann pendelt sich die Herzfrequenz auf 100 ein. Wir gehen ins Bett.

Um 7.00 Uhr klingelt der Wecker. Ostersonntag. Ich stehe auf. Bin müde. Sehr müde. Gehe ins Bad. Wasche mich. Kaltes Wasser ins Gesicht. Einatmen und Ausatmen. Ich gehe in die Wohnküche. Setze Wasser auf. Für Tee und Kaffee. Schaue auf den Schulhof. Es ist ruhig. Still. Ostersonntagsstille.

Letztes Jahr, denke ich. Letztes Jahr waren wir Ostern im Kinderhospiz. Haben aus unserem Fenster beobachtet, wie Geschenke versteckt wurden. Wir haben gelacht. Viel gelacht. Waren gelöster. Irgendwie.

Ich gehe ins Josef Zimmer. Die Schwester steht bei ihm. Josef schläft. Noch. Dann wird er wach. Herzfrequenz 130. Sauerstoffsättigung 96. Alles gut, denke ich. Alles gut. Die Schwester schaltet den Monitor aus. Nimmt Josef aus seinem Bett. Sagt ihm liebevoll guten Morgen. Fragt ihn, was das heute Nacht wohl war. Josef, mein Josef. Welch ein Glück wir haben. Mit dieser Schwester.

Nachdem beide es auf ihre Weise miteinander geklärt haben, gibt sie mir Josef. Ich küsse ihn. Die Schwester räumt. Spült. Wechselt aus. Zieht auf. Sagt mir, was alles an Schläuchen, Filtern und Kathetern bestellt werden muss. Gibt mir den Zettel. Danke, sage ich. Danke, sage ich noch einmal. Dafür, dass sie so ist, wie sie ist. Sie verabschiedet sich. Bis heute Abend. Schlaf gut. Danke.

Uli kommt zu uns. Ich ziehe Josef vorsichtig um. Küsse ihn. Immer wieder. Uli versteckt die Ostergeschenke. Für Klara und Josef. Wir setzen uns in die Wohnküche. Auf das Sofa. Ich halte Josef. Er atmet auf seine Josefart. Laut und rauschend. Meeresrauschenatem.

Uli ruft das SAPV-Team an. Schildert die Nacht. Die Ärztin wird uns zurückrufen, sagt die Schwester. Klara kommt. Ganz verschlafen ist sie. Sie kuschelt sich an mich. Im Arm halte ich Josef und an meine andere Seite kuschelt sich Klara. Welch ein Glück. Ich frage, wie es war. Wie war die Reise, meine Klara? Schön, antwortet sie. Schön, sage ich. Schön. Ich freue mich. Weiß doch, erst später wird sie erzählen. Nach und nach.

Uli bereitet das Frühstück vor. Wir frühstücken. Josef sitzt in seinem Therapiestuhl. Ich gebe ihm vorsichtig seinen Morgenbrei. Medikamente. Tee. Dann sucht Klara nach den Geschenken. Für sich. Für Josef. Findet sie nach und nach. Klara bekommt ein Hörspiel. Josef ein kleines Kissen.

Das Telefon klingelt. Die Ärztin. Uli erzählt von der Nacht. Die Ärztin beruhigt uns. Sagt, es kann schon passieren. In der Tiefschlafphase von Josef, dass die Herzfrequenz sinkt. Gut, sagt Uli. Gut.

Am Nachmittag gehen wir spazieren. Eine kleine Runde durch die Gartenanlage.

Zu Hause. Gibt es Kaffee und Tee. Ein Osterbrot habe ich gebacken. Ostersonntag. Der zweite schon, mein Josef. Mit dir. Josef wird inhaliert. Abgesaugt. Medikamente. Tee. Alles nach Plan.

Zum Abendbrot gibt es Pizza. Wir belegen sie zusammen. Klara erzählt ein wenig. Von der Reise. Erzählt vom stürmischen Wetter. Von einer Wattwanderung, die abgesagt wurde. Weil es zu stürmisch war. Von einer Fahrt mit einem Kutter. Von einem Besuch in einem Spaßbad. Sie strahlt. Ist glücklich. Ich freue mich sehr mit ihr. Wie schön doch ihre Reise war. Uli inhaliert Josef. Saugt ihn ab.

Wir essen zusammen Abendbrot. Schauen Kinderfernsehen. Josef schläft in meinem Arm ein. Ich lege ihn mir auf die Brust. Wir atmen zusammen. Wie schön das ist. Wir sind zusammen. Alle wieder zusammen. Uli bringt Klara in unser Bett. Liest ihr vor. Macht ihr das Hörspiel an.

Um 21.30 Uhr klingelt es. Die Schwester. Ich lege Josef vorsichtig in sein Bett. Herzfrequenz 100. Sauerstoffsättigung 95. Wir erzählen ein wenig. Lachen. Gehen ins Bett. Schlafen.

Zuletzt aktualisiert am: 29.03.2021


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