, Zu Hause 1
Um 0.30 Uhr klopft es an der Schlafzimmertür. Uli steht auf. Geht zur Tür. Mein Herz schlägt bis zum Hals. Ich stehe auf. Gehe ins Wohnzimmer. Josef liegt in seinem Bett. Er ist angespannt. Seine Arme und Beine sind fest. Herzfrequenz 170. Sauerstoffsättigung 92.
Ich nehme Josef aus seinem Bett. Er fühlt sich heiß an. Josef zittert. Uli kommt aus der Küche mit dem Notfallmedikament. Es steht im Kühlschrank. Die Schwester sagt, nach der Inhalation um 0.00 Uhr war Josef ganz unruhig und zitterte stark. So hat sie ihn noch nie gesehen.
Uli gibt Josef das Medikament über den Bauchschlauch. Tee hinterher. Ich küsse Josef. Als würde das helfen. Josef, mein Josef. Könnte ich dich doch nur gesund küssen. Ich frage die Schwester, ob sie seine Temperatur gemessen hat. Nein, sagt sie. Noch nicht. Ich ziehe Josef vorsichtig aus. Seine Füße sind eiskalt. Körpertemperatur 39.2. Ich gebe Josef ein Zäpfchen gegen das Fieber. Ich setze mich mit Josef auf das Sofa. Wärme seine Füße. Wir sind still. Miteinander.
Uli geht ins Bett. Ich bleibe noch sitzen. Bis Josef eingeschlafen ist. Lege ihn ins Bett. Herzfrequenz 139. Sauerstoffsättigung 90. Ich gehe ins Bett. Schlafe. Irgendwann. Schlecht.
Um 6.00 Uhr klingelt der Wecker. Ich stehe auf. Bin müde. Angespannt und müde. Ich gehe ins Bad. Aus dem Wohnzimmer höre ich die Inhalette rauschen. Alles nach Plan, denke ich. Alles nach Plan. Ich gehe ins Wohnzimmer. Josef schläft. Herzfrequenz 131. Sauerstoffsättigung 91.
Die Schwester sagt, er hat seit 2.00 Uhr durchgeschlafen. Immer mal wieder hatte er Sauerstoffsättigungsabfälle. Durch absaugen und umlagern besserte es sich. Okay, sage ich. Okay. Wir rufen das SAPV-Team heute an.
Ich gehe in die Küche. Setze Wasser auf. Für Tee und Kaffee. Decke den Frühstückstisch. Klara kommt. Kuschelt sich an mich. Ich küsse sie auf den Kopf. Halte sie kurz. Fest. Alles gut, Mama?, fragt sie. Ja, sage ich. Alles gut. Denke, nichts ist gut. Gerade. Einatmen und Ausatmen.
Uli setzt sich zu Klara. Josef wird wach. Ich schalte den Monitor aus. Nehme ihn langsam aus dem Bett. Küsse ihn. Seine Atmung zieht. Ich sage der Schwester, sie soll mir die Inhalette geben. Kochsalz reinmachen und Salbutamol. Uli kommt. Ich gebe ihm Josef. Er inhaliert ihn. Die Schwester verabschiedet sich. Schlaf gut, sage ich. Danke, sagt sie.
Klara geht los. Los in die Schule. Ich winke ihr nach. Bis ich sie nicht mehr sehe. Heute kommt kein Tagdienst, denke ich. Einatmen und Ausatmen. Ich rufe beim SAPV-Team an. Berichte. Die Schwester sagt, sie kommen. Nachher sind sie da. Danke, sage ich. Danke. Josef schläft langsam wieder ein. Uli hält ihn. Legt ihn dann wieder in sein Bett.
Um 10.00 Uhr klingelt es. Das SAPV-Team. Josef schläft noch. Wird dann langsam wach. Uli inhaliert ihn, saugt ihn ab. Der Arzt untersucht Josef. Sagt, er sieht. Es geht Josef nicht gut. Er kann aber keine Infektanzeichen erkennen.
Wir reden. Lange. Sind still. Zwischendurch. Über Josef. Über seine Schädigungen. Über die Folgen. Darüber, was es machen kann, wenn ein Gehirn so stark geschädigt ist. Wir Josef halten können. Bei ihm sein. Etwas gegen das Fieber geben könne. Etwas gegen die Krämpfe. Das Gehirn können wir leider nicht heilen, sagt der Arzt.
Ich halte Josef. Küsse ihn. Immer wieder. Vielleicht hilft es ja doch, denke ich. Das Küssen. Und weiß. Ach. Weiß doch. Es hilft nicht. Das Küssen. Wir verabschieden uns.
Um 13.00 Uhr klingelt es. Die liebe Physiotherapeutin. Sie bringt frische Januarkälte mit. Das tut gut. Etwas zu spüren. Von draußen. Ich ziehe Josef vorsichtig aus. Die Physiotherapeutin wärmt ihre Hände. Beginnt dann. Dreht Josef nach links und rechts. Er macht gut mit. Ich freue mich. Lasse es einfach zu. Die Freude. Trotz. Genau deswegen. Trotz. Ich freue mich, wenn Josef gut mitmacht. Er da ist. Trotz der Krämpfe. Trotz. Trotz.
Uli geht los. Klara vom Hort abholen. Sie sind schnell wieder da. Es gibt Tee und Kakao. Kekse dazu. Josef liegt abwechselnd in Ulis und meinem Arm.
Zum Abendessen gibt es Brot. Josef bekommt seinen Abendbrei. Zusammen schauen wir Kinderfernsehen. Uli inhaliert Josef. Saugt ihn ab. Ich bringe Klara in unser Bett. Lese ihr vor. Mache ihr das Hörspiel an.
Josef ist auf Uli eingeschlafen. Uli legt Josef in sein Bett. Herzfrequenz 128. Sauerstoffsättigung 90. Um 21.30 Uhr klingelt es. Die Schwester. Wir gehen ins Bett. Schlafen. Unruhig.
Zuletzt aktualisiert am: 29.12.2020