Ich schwebe. Schwebe dazwischen. Weiß nicht, was zu tun ist. Zu tun sein wird. Da draußen.
Schnee. Es gab Schnee in diesem März. Märzschnee. Den ganzen Winter habe ich darauf gewartet. Die Kinder auch. Als würde er uns trösten. Dieser Schnee. Im Schnee gelaufen. Ihn auf uns fallen lassen. Sich in den Haaren verfangen lassen. Mit den Händen Schneebälle geformt. Auf den Boden geworfen. Raufgesprungen.
Still war es. Noch stiller im Schnee. Stiller als so schon. Das Gefühl einer Zwischenzeit. Einer Zeit dazwischen. Zwischen was? Zwischen dem gestern und morgen? Der vergangenen Vergangenheit und der zukünftigen Zukunft? Das zähe Heute. Ich erwische mich dabei, es zu genießen. Das zähe Heute.
Im Schneesturm mit den Kindern raus zu gehen. Im Schnee zu tanzen. Als dürfe ich alles tun. Einfach so. Einfach so. Und dann schäme ich mich für meine Freude. Meine tiefe Lebensfreude. Ist es denn erlaubt in dieser Zeit? In dieser Zeit? Außerhalb? In der herausgefallenen Zeit?
Wir sind durchgefroren. Gehen nach Hause. In die warme Wohnung. Jettes Hände sind ganz kalt. Der Schnee war so kalt, sagt sie. Ihr erster Schnee in diesem Jahr. Ende März. Ich bin glücklich, den Moment mit ihr geteilt zu haben. Verpacke diesen Moment. In meinem Inneren. Für später.
Ich koche Tee. Uli arbeitet. Die Kinder und ich, wir kuscheln uns auf das Sofa. Schauen einen Weihnachtsfilm. Es hat doch geschneit und dazu gehört ein Weihnachtsfilm. Herausgefallene Zeit. Auf vielen Ebenen. Leben, als wäre. Als wäre was? Was wäre, wenn? Wenn was?
Uli macht eine Pause. Viel zu tun, sagt er. So viel zu tun. Er rennt innerlich. Rennt den Dingen, die zu tun sind, hinterher. Versucht sie zu packen. Einzuholen.
Und bei mir? Ich schwebe. Schwebe dazwischen. Weiß nicht, was zu tun ist. Zu tun sein wird. Da draußen. Ich nehme die Bewegungen wahr. Wie sich die Arbeitsbedingungen wandeln. Verändern. Formen. Verformen. Über Video arbeiten. Plattformen. Virtuell. Und doch war der persönliche Kontakt bisher unerlässlich für meine Arbeit.
Und nun Veränderung. Wandel. Und wir wissen nicht, wie es sein wird. Wissen es nicht. Nehmen nicht in Anspruch etwas wissen zu wollen. Ich löse mich von den Kindern. Bewegung. Etwas tun, weil mich sonst der Gedankenstrudel mitzieht. Wegzieht. Mich nicht atmen lässt.
Ich gehe auf den Balkon. Es hat aufgehört zu schneien. Es ist nass draußen. Die Luft ist feucht. Eine gute Luft für Josef, denke ich. Fühle mich in die Zeit. In die schöne schmerzhafte Zeit. Ihn gehalten zu haben.
Josef eingewickelt in einer Decke in meinen Armen auf dem Balkon. Wie wir da manchmal saßen. Auf der Hollywoodschaukel. Im Regen. Weil der Regen ihm so gut tat. Seiner Atmung so gut tat. Ich habe ihn geküsst. Immer wieder geküsst. Mich über das Sekret gefreut, wenn es aus seiner Nase floss. Es ihm besser ging.
Mich durchströmt Wärme. Wärmende Erinnerung. Sie wird mir nicht genommen. Bleibt in mir. Bei mir, die Erinnerung. Und dann. Dann schmerzt es. Schmerz im Herzen. Ein schwerer Schmerz. Einatmen und Ausatmen.
Ich gehe in die Wohnung. Schließe die Balkontür. Den Kindern ist kalt. Ich bringe ihnen warmen Tee. Schokolade dazu. Uli macht Feierabend. Setzt sich zu den Kindern. Wir lachen über den Film. Der so schön kitschig ist. Außerhalb ist. Von der Welt. Außerhalb und doch innerhalb. Weil er uns berührt. Uns innerlich wärmt. Uns wegträumen lässt. Beides.
Auch wir leben beides. Außerhalb und innerhalb der Welt. Der Zeit. Der Norm. Des Gewohnten. Einatmen und Ausatmen.