Author : Anne

511 | Um 6.30 Uhr klingelt der Wecker.

Noch lebt Josef. Ich spüre eine Kraft in mir. Nicht die Kraft, alles zu tun, um das Sterben zu verhindern. Es ist eine Kraft, die durch das Annehmen kommt. Das Annehmen, das Josef sterben wird. Es ist die Kraft für das Leben im Sterben.

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510 | Der Wecker klingelt. Es ist 6.30 Uhr.

Wie können wir es aushalten? Wie? Sie machen es gut, sagt der Arzt. Wir sind da. Ich weiß, sage ich. Ich weiß. Weiß darum. Und doch. Ist es schwer. Das Aushalten. Ja, sagt der Arzt. Ja. Es ist schwer. Sie sind nicht allein.

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509 | Der Wecker klingelt um 6.30 Uhr.

Ich halte ihn in meinem Arm. Werde völlig durchströmt von einem warmen Gefühl. Von Liebe. Unendlicher Liebe. Mir laufen Tränen. Die Schwester räumt. Spült. Wechselt. Zieht auf. Sieht meine Tränen. Hoffentlich nicht. Möchte mich nicht erklären.

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508 | Um 6.30 Uhr klingelt der Wecker.

Manchmal fühle ich mich gefangen. In dem Alltag. Dem Pflegealltag. Mein Freiraum ist abhängig vom Zustand von Josef. Geht es ihm gut, können wir Spaziergänge wagen. Geht es ihm schlecht, sind wir gefangen. Sind in ständiger Habachthaltung.

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507 | Der Wecker klingelt. Es ist 6.30 Uhr.

Die Ärztin. Sie untersucht Josef. Hört ihn ab. Sagt, alles gut. Soweit. Die Herzfrequenzschwankungen müssen wir hinnehmen. Annehmen. Können nichts machen. Sie gehören zu Josef. Okay, sage ich. Okay. Josef verändert sich. Ja, sagt sie.

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506 | Um 6.00 Uhr klingelt der Wecker.

Aushalten, sage ich. Das genügt. Haltet mich hier aus. In dem Seminar. Seht mir nach, wenn ich abwesend wirke. Seht mir nach, wenn ich aufspringe und ans Telefon gehe. Seht mir nach, wenn ich plötzlich fahren muss. Seht mir nach. Haltet mich aus.

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