, Zu Hause 1
6.30 Uhr klingelt der Wecker. Klara und Uli schlafen noch. Ich stehe auf. Gehe ins Bad. Einatmen und Ausatmen. Samstag ist heute. Wochenende. Ich gehe ins Wohnzimmer. Die Schwester hält Josef im Arm. Sie inhaliert ihn.
Mein Josef ist wach. Seine Augen sind halb geöffnet. Ich streichele kurz seinen schönen Kopf. Guten Morgen, mein Bär. Guten Morgen, Schwester. Ich gehe in die Küche. Setze Wasser auf. Für Tee und Kaffee. Einatmen und Ausatmen. Samstag heute.
Ich gehe wieder ins Wohnzimmer. Frage die Schwester nach der Nacht. Zwischen 0.30 Uhr und 1.40 Uhr hatte Josef mehrere Krampfanfälle. Um 6.45 beobachtete sie einen leichten Reflux. Die Wunde hat sie gesäubert. Sie sieht gut aus. Die Wunde. Temperatur 37,0. Herzfrequenz 127. Sauerstoffsättigung 97. Von 2.00 Uhr bis 6.00 Uhr schlief Josef durch. Okay, sage ich.
Ich nehme Josef. Küsse meinen Josef. Seine Augen sind halb geöffnet. Seine Atmung rauscht. Sein Körper ist etwas angespannt. Die Schwester spült die Inhalette aus. Verabschiedet sich. Ich wünsche ihr einen guten Schlaf. Danke, sagt sie.
Uli kommt ins Wohnzimmer. Er sieht verschlafen aus. Aus dem Schlafzimmer höre ich den Fernseher. Klara ist wach. Uli holt den Kaffee aus der Küche. Ich setze mich mit Josef auf das Sofa. Lege ihn vorsichtig auf meine Knie. Mit dem Kopf nach unten. Damit das Sekret gut ablaufen kann. Mit meinen Händen streiche ich vorsichtig über seine Rippenbögen. Uli kommt zu uns. Mit dem Kaffee.
Dann öffnet er die Terrassentür. Lässt den Spätsommer in unsere Wohnung. Die Sonne scheint. Es ist etwas kühl. Angenehm kühl. Josef schläft auf meinen Knien ein. Sein Körper entspannt. Er ist ganz weich. Hat alles losgelassen. Wie schön, mein Josef.
Uli bereitet das Frühstück vor. Schiebt Brötchen in den Ofen. Ich lege Josef in sein Bett. Ganz vorsichtig. Dabei wird er wach. Ich nehme Josef wieder auf den Arm. Küsse ihn. Ziehe ihn vorsichtig um. Ganz vorsichtig. Langsam und vorsichtig. Dann frühstücken wir. Klara im Schlafanzug. Ich gebe Josef vorsichtig seinen Morgenbrei. Ganz langsam und vorsichtig. Wir machen alles ganz langsam, mein Bär.
Dann zuckt Josef in meinem Arm. Der Kopf geht nach vorn. Seine Arme und Beine auch. Nach 2 Minuten hört es auf. Ich küsse ihn. Wie gern möchte ich dir das Krampfen nehmen, mein Bär. Wie gern.
Josef, mein Josef. Schläft ein. Ich lege ihn vorsichtig in sein Bett. Er schläft. Mein Josef schläft. Ich schalte den Monitor ein. Herzfrequenz 128. Sauerstoffsättigung 96. Alles gut, denke ich. Alles gut. Klara spielt im Wohnzimmer. Sie puzzelt.
Uli fährt los. Zum Einkauf. Josef schläft. Seine Augen sind halb offen. Uli kommt wieder. Zusammen sortieren wir den Einkauf in die Schränke. Josef wird wieder wach.
Uli inhaliert seinen Sohn. Saugt ihn ab. Die Sonne scheint. Ein schöner Spätsommersamstag. Zum Mittag setzen wir Josef in seinen neuen Therapiestuhl. Er sieht aus wie ein König. In seinem Stuhl. Herrschaftlich sitzt er. Mein Josef. Mit seinen schönen Locken. Der kleine Josef in diesem großen Therapiestuhl. Ein König. Unser Josef.
Nach 15 Minuten wird Josef unruhig. Wir nehmen ihn aus dem Stuhl. Ich halte ihn auf meinem Arm. Küsse ihn. Sage, ich bin stolz auf dich. Du hast so schön in deinem Stuhl gesessen, mein Josef. Wir wollen auf ein Straßenfest gehen. Klara wünscht es sich. So sehr. Wir sind mutig heute. Zeigen uns. Zeigen uns versteckt. Ich trage Josef im Tuch. Er hat keine Nasensonde mehr. Auf Anhieb sieht man nicht. Dass. Ich setze ihm einen Hut auf. Eine Brille bekommt er auch.
Uli verstaut die Absauge in einen Beutel. Wir sind gut getarnt. Auf dem Straßenfest wandern wir von Stand zu Stand. Hoffen. Nicht angesprochen zu werden. Ich bin angespannt. Josef zuckt in meinem Tuch. Hört nach 5 Minuten auf. Schläft ein.
Wir gehen wieder nach Hause. Können unsere Tarnung ablegen. Zu Hause. Wir essen Abendbrot. Brot. Zum Abendbrot. Uli setzt Josef in den Therapiestuhl. Nur kurz. Josef zeigt, er mag gerade nicht. Spannt sich an. Geht in die Spastik. Ich halte Josef im Arm. Gebe ihm seinen Abendbrei.
Uli inhaliert Josef. Saugt ihn ab. Zieht ihn um. Für die Nacht. Zusammen schauen wir Kinderfernsehen. Ich bringe Klara in unser Bett. Lese ihr vor. Kuschele mit ihr. Es war schön heute, sagt sie. Ja, sage ich. Ja. Wir waren mutig heute. Mut tut gut. Wir lachen beide leise. Ich mache ihr das Hörspiel an.
Josef ist auf Uli eingeschlafen. Vater und Sohn. Wie schön. Uli legt Josef vorsichtig in sein Bett. Schaltet den Monitor an. Herzfrequenz 122. Sauerstoffsättigung 93. Um 21.30 Uhr klingelt es. Die Schwester. Wir gehen ins Bett. Schlafen.
Zuletzt aktualisiert am: 29.08.2020